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Block­verzollung vs. Einzel­verzollung

Sie kennen sicher alle dieses Video über eine Zollabwicklung in Russland. Ganz nach dem Motto: „You never know“ …  Das mag in kleinen Abwicklungsdetails stimmen. Dennoch ist der Gesamtablauf klar strukturiert, wiederholt sich und bringt damit ein relativ hohes Maß an Planungssicherheit. Anbei beschreibe ich meine Erfahrungen mit der Zollabwicklung im Rahmen der Verlagerung einer Nockenwellenfertigung nach Russland, bei der die erste Lieferung im Block verzollt werden musste.

Ausgangslage
Hauptbestandteile der Nockenwellenfertigung

Ausgangs­lage

Um das Transportvolumen gering zu halten und die Anzahl der LKW’s zu minimieren, wurden die Maschinen möglichst kompakt verpackt. Auf eine klare Trennung nach den verschiedenen OP’s wurde dabei bewusst verzichtet. Für den Versand und den Aufbau stellte diese Ausgangslage eine große Herausforderung dar. Ein Liefervertrag war ebenfalls nicht vorhanden. Die Bearbeitung gliedert sich in die Bereiche:

  • Erstellung des Vertrages
  • Erstellung der Versandunterlagen
  • Versand und Zollabwicklung.
Verpackungsschema
Verpackungsschema der Anlage

1. Vertrag

Grundlage jeglicher Aktivität in Russland sind Verträge. Diese sind extrem umfangreich, in aller Regel zweisprachig russisch/deutsch oder russisch/englisch abgefasst, schreiben wirklich jedes Detail fest – natürlich auch den eigentlichen Liefergegenstand. Es empfiehlt sich, den Lieferumfang nach Maschinen oder logischen Positionen zu gliedern und für jede Position Preise und Gewichte einzeln auszuweisen. Im vorliegenden Fall wurde für jede Maschine eine Vertragsanlage mit Maschinenpreis und Maschinengesamtgewicht erstellt. 

Vertrag
Maschinendarstellung im Vertrag

2. Versand­dokumente

Auf Basis des Liefervertrages wurde die Abstimmung der Versanddokumente vorgenommen, oder besser die zolltechnische Vorabstimmung der Versanddokumente. Entscheidend hier ist immer der Import nach Russland. Der Kunde setzt einen Zollbroker vor Ort ein. Im ersten Schritt versorgt man diesen Zollbroker mit Informationen wie Warenbeschreibungen, CE oder Herstellererklärungen, Ursprungszeugnissen und Zolltarifnummern. In einem zweiten Schritt prüft der Zollbroker, ob bereits TR-Konformitätszertifikate vorhanden sind, welche die Übereinstimmung mit dem russischen Regelwerk bestätigen. In einem dritten Schritt beantragt der Zollbroker bei Bedarf diese Zertifikate bzw. fasst nicht zertifizierungspflichtige Waren in einem sogenannten Ausschlussbrief zusammen. 

3. Versand und Verzollung

Ein weitere wichtiger Punkt ist die Versandplanung. Entscheidend hier ist der konkrete Bedarf der Baustelle, d.h. wann welche Vertragspositionen zur Montage benötigt werden, und die örtlichen Gegebenheiten. Ist genügend Fläche für die Zwischenlagerung der Materialien bis zur Montage vorhanden? Im vorliegenden Fall war auch die gemischte Verpackung der Vertragspositionen entscheidend. Da die Maschinen im Mix verpackt waren, konnte deren Entzollung nur gleichzeitig erfolgen, weshalb eine Blockverzollung vorgesehen wurde. Messinstrumente und Hilfseinrichtungen waren sortenrein, d.h. vertragspositionsweise verpackt und konnten somit einzeln geliefert und über eine Einzelverzollung abgewickelt werden. 

Die Packlisten und Rechnungen wurden wie folgt vorbereitet:

  1. Erstellung einer kompletten Versandliste, d.h. der Einzelkomponenten für jede Vertragsposition. Das ist quasi das Grundgerüst für PL und Rechnungen.
  2. Zuordnung der Gewichte zu jeder Einzelkomponente (einer Vertragsposition). Diese Zuordnung erfolgte aufgrund von Vorgaben aus der Dokumentation und durch Schätzung.
  3. Zuordnung der Preis zu jeder Einzelkomponente (einer Vertragsposition). Zwecks besserer Handhabbarkeit wurde der Preis auf Basis des Gewichtes zugewiesen. Da es sich um eine 15 Jahre alte und faktisch abgeschriebene Anlage mit geringem Restwert handelte, war dies die einfachste Methode.

Info

Für den Import nach Russland ist absolut wichtig, dass Packlisten und Rechnungen absolut identisch zum Vertrag sind, d.h. u.a. dass Gewichte und Preise genau übereinstimmen. Die Einzelwerte wurden deshalb mit der im Vertrag angegebenen Genauigkeit gerundet und geprüft (Excel). Die Rundungsformeln wurden nachfolgend entfernt und durch die absoluten Werte ersetzt (Excel). Dieser Schritt ist wichtig, um die Einzelkisten (> 100 Stück) beliebig auf LKW’s (ca. 30) „verladen“ zu können und immer auf die gleichen dem Vertrag entsprechenden Werte zu kommen.

3.1 Lieferung 1 – Block­verzollung

Der Export aus Deutschland war relativ problemlos. Empfehlenswert ist hier in jedem Fall ein Vorgespräch, um den Zoll über das Gesamtprojekt zu informieren und die Deklarationsweise abzustimmen. Ansonsten muss man zeitnah zum Versand eine Ausfuhranmeldung erstellen. Für die Begutachtung der Ware hatten wir einen Vororttermin in unserem Lager angegeben (ca. 2 Tage vor dem eigentlichen Versandtermin). Nach Ablauf dieses Termins erhält man vom Zoll automatisch und elektronisch eine Versandfreigabe/ Ausfuhrgenehmigung. 

Zum Versand hatten wir eine Mappe vorbereite, wo bereits alle Dokument für jeden einzelne Fahrer enthalten waren, d.h. Packlisten, Rechnungen. Die CMR wurden immer noch zeitnah angepasst, nachdem die Kennzeichen der LKW bekannt waren.

Die Lieferung 1 war die größer der beiden Lieferungen. Sie wurde in zwei Chargen im Abstand von ca. einer Woche versendet. Sie beinhaltete bei Versand knapp 30 LKW mit einem Gesamtgewicht von ca. 350 t.

Charge 1 wurde auf dem Seeweg nach Russland (Deutschland – St. Petersburg – Moskau) befördert und somit zwei Mal umgeladen. Nach der zweiten Umladung stimmte weder die Anzahl der LKW’s noch die Zuordnung der Kisten zu den LKW’s mit dem Versandstatus mehr überein. Probleme gab es keine, da die Gesamtpreise und Gesamtgewichte aller beförderten Kisten auch nach Zuordnung zu anderen LKW’s und erneuter Auflistung gleich blieben! Charge 2 wurde auf dem Landweg (Deutschland – Moskau) versendet. 

Beim Zoll kam es zu einer Wartezeit von zwei Tagen, da ein LKW aus Charge 2 nicht zum vereinbarten Termin eingetroffen war. Die Entzollung erfolgte innerhalb von einem Tag, was sicher nicht die Regel ist. Die Entladung erfolgt innerhalb von 24h – im wahrsten Sinne des Wortes. Die zweite Schicht unseres russischen AN entlud die LKW’s und Tieflader die ganze Nacht durch. (Es war der 22. Dezember und den polnischen Fahrern blieb eine reale Chance, vor Weihnachten zu Hause anzukommen.) 

Lieferung 1
Prinzipielles Dokumentenschema Blockverzollung

Info

Der Fahrer benötigt im Minimum folgende Dokumente: CRM, PL und Rechnung.

Der Kunde benötigt elektronisch folgende Dokumente: CRM, PL, Rechnung und die Ausfuhrgenehmigung vom deutschen Zoll.

Der Versender braucht: Die vom Kunden abgestempelten CRM bei Ankunft der Ware beim Kunden. Sie werden für die Schließung des Ausfuhrvorgangs beim deutschen Zoll benötigt.

3.2 Lieferung 2 – Einzel­verzollung

Die Lieferung 2 erfolgte später nach Aufbau der Anlage und entspricht dem normalen Standard.

Lieferung 2
Prinzipielles Dokumentenschema Einzelverzollung

Zusammen­fassung

Die Lieferung ging ohne Probleme von statten. Im Nachhinein gab es Probleme mit den Bedienpulten der Fertigungsmaschinen (Ausfallrate 25%). Das kann daran liegen, dass sie einfach schon alt waren. Das kann daran liegen, dass die mechanische Bearbeitung eine höhere Belastung für die Elektronik hervorruft, als das bei Montageanlagen der Fall ist. Das kann aber auch daran liegen, dass die Temperaturen bei Anlieferung bei sehr niedrigen minus 30°C lagen. 

Empfehlung

Vermeiden Sie nach Möglichkeit eine Blockentzollung. Sie erfordert einen hohen logistischen Aufwand beim Transport, einen extrem guten lokalen Zollbroker und eine große Bereitstellungsfläche beim Endkunden zum Zwischenlagern des Transportgutes.

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