Lebensmittelladen-WP

Klima­schutz im Rück­spiegel

Heute ist Freitag. Ein Tag der Demos, vielleicht auch großer Entscheidungen. #allefürsklima bringt Menschen auf die Straße und Koalitionen in Marathonsitzungen. Wenn ich die Menschen über ihre Ziele reden hören, fällt mir ein, dass ich bereits in so einer Gesellschaft und somit quasi in der Zielfunktion gelebt habe.

UdSSR’82.
Praktisch vegan. 
Praktisch verpackungsfrei. 
Praktisch ohne Individualverkehr. 
Praktisch ohne Wohnraumverschwendung.

Ideal. Als Symbol fällt mir dazu ein Gemüsegeschäft ein. Es war gleich gegenüber von unserem Internat und sehr einfach strukturiert. Hinter dem Tresen gab es vier Holzverhaue für Zwiebeln, Kartoffeln, Rote Rüben und Äpfel. Sie sahen alle gleich aus – gleich grau und waren nur mit Mühe zu unterscheiden. In den Auslagen befanden sich unverderbliche Fischkonserven und auf den Regalen standen Obstsäfte in 3-l-Gläsern. Ohne Einkaufstasche (zum Abladen des Schüttgutes) war man praktisch nicht geschäftsfähig. Aber aus den Kartoffeln und Zwiebeln generierten wir das beste Essen der Welt. Manchmal trauten wir uns an die Äpfel ran und ganz selten an die Obstsäfte. Sie waren zwar super und der einzige Fortschritt dieses Ladens gegenüber unserer angestammten Heimat aber eben auch schweineteuer. 

In unserem ersten Winter in der Sowjetunion (82/83) bekamen wir im Laden nicht nur kein Fleisch, wir bekamen auch keine Butter zu sehen. Ein Traum für jeden Lebensmittelverbesserer. Es gab vier Sorten Wurst für 1,60 | 2,10 | 2,80 und 4,20  örtliche Einheiten das Kilo. Selbstredend verpackungsfrei. Es wurde von einer dicken fetten Rolle untergeschnitten und die Schnittfläche mit einem Wurschtpapier abgedeckt. 

Ein Student bewohnte 16 qm Wohnheimwohnraum geteilt durch drei. Eine junge Familie bewohnte 16 qm Wohnheimwohnraum. Eine Familie mit zehn Jahren Berufserfahrung bewohnt 32 qm Einraumwohnungswohnraum. Der Weg zu einer Zwei-/ Dreiraumwohnung war praktisch nur über Ringtausch zum Preis von ein Zimmer = zwei/ drei Jahresgehälter möglich.

Es gab faktische drei bis viermal weniger Autos als heute und von denen waren wiederum geschätzte  25% Taxis. Der öffentliche Nahverkehr wies in den Innenräume eine Passierdichte auf, die heute schwer vorstellbar ist. Die Fahrkarten für Fernverkehrszüge wurden ab 30 Tage vor Abfahrt verkauft und waren 25 Tage vor Abfahrt bereits ausverkauft. Es wurde jedoch viel geflogen, vor allem Kurzstrecke im heutigen Verständnis. Das war natürlich nicht gut. Aber sonst. Ideal. Alles wonach wir heute streben. Eine herrliche Gesellschaft mit Lada statt BWM und Wolga statt Mercedes und Java statt Harley Davidson und UAZ + Niva statt SUV. 

Ob mir diese Gesellschaft gefallen hat? Der Himmel auf Erden – ohne Ironie. Leider ist sie untergegangen, quasi versunken. Sie war nicht konkurrenzfähig genug und hat sich selbst umgebaut und abgeschafft. Daran sollten wir heute denken und unsere Bemühungen auf die Sachebene reduzieren und das tun was wir am besten können: ENTWICKELN und VERÄNDERN (und nicht verbieten und reglementieren und aller Welt ein schlechtes Gewissen einreden wollen).

PS: Ich habe leider kein Foto diese o.g. Lebensmittlelladens, aber die handelnden Personen sind denen auf dem Bild sehr ähnlich bis auf den Verkäufer.

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