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Linkes Ufer – rechtes Ufer

Die Wolga ist ein Traum für jeden Russlandbesucher. Diesen Traum habe ich mir im Studium erstmalig erfüllt. Es war im Winter 1986, nach den Prüfungen. Mit zwei meiner sowjetischen Mitstudenten machten wir eine Reise um den goldenen Ring. Dabei u.a. Nishny Novgorod, oder besser Gorki, wie die Stadt damals hieß.

Start mit Zug Donezk-Moskau

Unsere Reise hatten wir nicht wirklich geplant. Man kann so eine Reise nicht planen. Nachts schliefen wir in Zügen und tagsüber schauten wir uns die Städte an. Als DDR – Studenten durfte ich mich eigentlich nur im 100 km Umkreis um meinen Studienort herum frei bewegen. Für alles andere brauchten DDR-Studenten ein Visum, ein Zusatzzettelchen für unseren DDR-Pass. Nun hatte ich dieses Zettelchen für diese Reise nicht. Aber das 4. Studien jahr hatte mich mutig werden lassen. Einer meiner Zimmerkollegen hatte mit filigraner Hand meinen Studentenausweis um einen Vatersnamen ergänzt. Sah aus wie ein Original. Die Aussicht an die Wolga zum kommen, hatte mich noch mutiger werden lassen. Und so kam Gorki auf unseren Reiseplan.

Gorki im Februar 1986

Wir erreichten Gorki am Morgen. Im Februar 1986 war Gorki noch eine für Ausländer geschlossene Stadt. Es gab irgendeine Militärproduktion hier, ich glaube Panzer. Hier befand sich Sacharow in Verbannung. Aber wir waren jung und mutig. Als erste Aktion kauften meine sowjetischen Mitstudenten in dieser für Ausländer gesperrten Stadt mit unseren Studentenausweisen um 50% verbilligte Bahntickets für den späten Abend. Sie kauften diese Bahntickets auch für mich mit meinem gefälschtem Studentenausweis. Das ist die eigentlich revolutionäre Tat, dieses Aufenthaltes.

Wolga in Gorki, 1986

Ansonsten überraschte Gorki mit viel Eis auf den Bürgersteigen, mit Matrjoschkas in den Souvenirläden (Kunststück hierher kamen keine Touristen), mit einer Straßenbahn, die immer im Kreis fuhr und uns wunderbar wärmte, mit seinem Kreml und mit einem unheimlich hohen und steilem rechten und einem flacheren und niedrigeren linken Ufer. Auch an anderen Punkten der Wolga gibt es große Unterschiede zwischen linkem und rechten Ufer. Aber nirgendwo habe ich so große Unterschiede gesehen wie hier.

Unterschiede zwischen linkem und rechten Ufer

Corioliskraftanimation

Vom Hintergrund dieses Phänomens hatten wir erstmalig in Theoretischer Mechanik gehört. Bewegt sich ein Koordinatensystem (z.B. Scheibe) mit einer Translationbewegung (переносное движение) und führt ein Körper eine Relativbewegung (относительное движение) in diesem sich bewegenden Koordinatensystem aus, kommt es zu einer Trägheitskraft die auf diesen Körper wirkt. Diese Trägheitskraft heißt Corioliskraft und lenkt den Körper ab. Auf der Nordhalbkugel wirkt diese Kraft in Fließrichtung der Flüsse auf das rechte Ufer, welches stärker erodiert. Der Fluß ist quasi wie eine Sense, die durch die Landschaft geht. Am rechten Ufer bildet sich eine Steilküste. Die Formel für diese Kraft lautet: F → C = − 2 m ( ω → × v → ) .

Die Herleitung der Formel kann man sich hier anschauen. Das Minus ist wesentlich, weil sich die Formel auf ein rechtsdrehendes Koordinatensystem bezieht, welches mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand nachempfunden werden kann.

Die Drei-Finger-Regel ist eine Merkregel zur Bestimmung der relativen Orientierung dreier über das Kreuzprodukt zusammenhängender vektoriellen Größen. Die Regel ist üblicherweise so formuliert, dass sie für die rechte Hand passt, weshalb sie auch als Rechte-Hand-Regel bezeichnet wird.

Drei-Finger-Regel, Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Finger-Regel

UVWREGEL_new

Wenn man das Minus weglassen will, kann man der Einfachheit halber auch die linke Hand zum Aufbau des Koordinatensystems nutzen.

Der Daumen steht dann für den Vektor der Translationsbewegung (переносное движение) = ω → = Ursache.

Der Zeigefinger steht für den Vektor der Relativbewegung (относительное движение) = v → = Vermittlung.

Der Mittelfinger steht für den Vektor der Corioliskraft = F → C = Wirkung.

1000px-Corioliskraft-und-Normalkomponente

Die Corioliskraft wirkt unabhängig von der Richtung/ Vektor der Relativbewegung v → . Es macht keinen Unterschied, ob man sich vom Mittelpunkt der Scheibe nach außen oder nach innen bewegt. Die Corioliskraft wirkt auf die rechte Seite der Relativbewegung und bewirkt eine Ablenkung nach Rechts. Nun ist die Erde aber keine Scheibe.

Auf einer Kugel muss man den die Translationsbewegung(переносное движение) = ω → in ihre horizontalen und vertikalen Komponenten zerlegen.

Die vertikale Komponente ruft eine horizontale Corioliskraft hervor, die auch auf Flussufer wirkt. Da diese vertikale Komponente am Äquator gleich null ist, gibt es am Äquator auch keine horizontal wirkende Corioliskraft und keine durch sie hervorgerufene Erosion von Flussufern.

Die horizontale Komponente wirkt entgegengesetzt zur Gewichtskraft, ist aber im Verhältnis zu letztere vernachlässigbar gering.

1000px-Corioliskraft_f-plane_3

Quellen

Umfassendste und beste Quelle zur Corioliskraft https://www.chemie-schule.de/KnowHow/Corioliskraft

Herleitung der Corioliskraft https://physik.fandom.com/wiki/Corioliskraft

Drei-Finger-Regel https://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Finger-Regel

 

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